Aktualisiert am 17. August 2023 von Ömer Bekar
Zu Schulzeiten scheint das Schreiben eines Aufsatzes weitaus weniger Kopfzerbrechen zu machen, als wenn jemand vor den Aufsatzthemen im Einstellungstest sitzt. Warum das so ist? Vielleicht, weil Sie es in der Schule gewohnt waren und den Aufsatz ebenso wie das Diktat einfach als gängige Prüfungsform kannten und akzeptierten. Sind Sie nun schon wieder einige Tage aus der Schule raus, kann die Nachricht, dass Sie beim Einstellungstest einen Aufsatz schreiben müssen, durchaus für eine kleine Panikattacke sorgen. Um Sie ideal auf diese Aufgabe im Einstellungstest vorzubereiten, haben wir uns mit einer Lehrerin unterhalten – und die erklärt noch einmal, worauf es beim Schreiben eines Aufsatzes ankommt.
Eine Deutschlehrerin im Interview zum Thema “Aufsatz im Einstellungstest”
Wie bringen Sie Ihren Schülern und Schülerinnen bei, einen guten Aufsatz zu schreiben?
Lehrerin: Ich bringe meine Schüler zunächst dazu, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Handelt es sich um ein aktuelles Thema, ein fachlich sehr spezielles Thema, etwas Dramatisches, etwas Lustiges oder vielleicht auch etwas kontrovers Diskutiertes. Dieses kleine Brainstorming machen meine Schüler schriftlich. Meist sieht es dann aus wie eine Art Mindmap zum Thema.
Soweit verstanden, doch wie bringt man die wirren Gedankengänge dann aufs Papier?
Lehrerin: Strukturiert natürlich. Zunächst wählen meine Schüler die Klammer um den Text – also den Anfang und den Schlussteil. Dafür bietet es sich auf jeden Fall an, ein bis zwei Mindmap-Blasen zu nutzen und entweder als Einleitung oder als Schlussteil zu beschreiben. Der Klassiker ist natürlich immer, wenn Sie ein aktuelles Thema haben oder eine aktuelle Diskussion zum Aufsatzthema kennen – dann können Sie damit prima einen Leseanreiz im Aufsatz schaffen, denn wenn Sie dies als Einleitungsgedanke formulieren, wird schnell klar: Dieser Bewerber ist up-to-date, verfolgt die Nachrichten und hat eine spannende Form der Einleitung gewählt.
Also entsteht so der Teil, den alle immer als den packenden Einstieg formulieren. Und wie geht’s dann weiter?
Lehrerin: Für den Hauptteil haben Sie immer mehrere Varianten. Diese sind natürlich absolut abhängig vom Thema. Haben Sie in Ihrer Mindmap-Skizze viele Einzelpunkte, die auf eine kontroverse Diskussion hinweisen, bietet sich im Aufsatz eine Gegenüberstellung der verschiedenen Meinungen, Argumentationslinien oder Thesen an. Geht es hingegen eher um ein Fachthema, sollten sie einen Trichteraufbau Ihres Aufsatzes wählen.
Und was bitteschön ist ein Trichteraufbau?
Lehrerin: Sie beginnen mit der umfassenden Beleuchtung eines Themas und werden im Laufe Ihres Aufsatzes immer spezieller, dann ist das die Trichterform, die uns an das Küchengerät erinnert. Legen Sie Ihren Schwerpunkt darauf, das Detail zu beleuchten, beginnen Sie mit diesem und führen es argumentativ in einen immer größeren Sinnzusammenhang. Das ist dann der umgekehrte Trichter.
Und anschließend der Schluss und fertig?
Lehrerin: So lesen sich die meisten Aufsätze. Ein liebloser Schluss und fertig, doch der Schluss sollte vielmehr als das i-Tüpfelchen begriffen werden. Es darf und soll noch einmal ein ganz neuer Gedanke oder ein neues Detail ausgeführt werden, was in ein Fazit mündet oder in die Anregung für den Lesenden etwas zu tun – wie etwa weiterzulesen oder sich etwas zu kaufen oder was auch immer.
Einleitung. Hauptteil. Schluss. Müssen die Bewerber im Einstellungstest noch etwas beachten?
Lehrerin: Die Struktur eines Aufsatzes ist nur die Hälfte der sprichwörtlichen Miete. Die sprachliche Gestaltung, der korrekte Einsatz von Worten und Grammatik und auch flüssige Formulierungen sind darüber hinaus das Wichtigste in einem guten Aufsatz. Und damit wären wir gleich wieder beim Grundlagenwissen aus dem Fach Deutsch. Deutsch kann man oder eben nicht, aber es binnen kurzer Zeit zu lernen, ist fast unmöglich.
Gibt es denn keine Last-Minute-Tipps?
Lehrerin: Doch. Ich gebe einen Crash-Kurs an der VHS und erkläre den Teilnehmern dabei immer, dass Sie auf einen klaren Satzbau achten sollen, auf abwechslungsreiche und treffende Verben ebenso wie auf zum Thema passende Adjektive. Satzanfänge sollten wechseln, die Perspektive, aus der geschrieben wird, sollte hingegen durchgängig durchgehalten werden. Auch die Zeit, die Erzählzeit, ist grundsätzlich die einfache Vergangenheit, das Präteritum, wie es zu Schulzeiten hieß. Wenn möglich sollten wörtliche Reden, Ausrufe und Fragesätze eingebaut werden, um für Abwechslung zu sorgen.
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Gibt es denn in Ihren Augen typische Aufsatzthemen für den Einstellungstest?
Lehrerin: In der Regel ist es ein berufsspezifisches Thema und oft gibt es keine Wahl. Argumentationen, also Erörterungen, sind häufiger dran als Fantasieaufsätze. Manchmal gibt es auch Themen, bei denen die Personalreferenten sehen wollen, über welchen Grad an Allgemeinwissen Sie verfügen oder welche ganz persönliche Meinung Sie zu einem Thema haben. Bei dieser Variante ist zu Ehrlichkeit ohne Extremismus zu raten, denn zu extreme Positionen können leicht zum Ausschlusskriterium werden.
Acht Tipps zum Schreiben lesenswerter Aufsätze
1.) Die Überschrift muss originell sein und absolut zur Geschichte passen. Kurz, knackig und eine Motivation, um zu lesen zu beginnen.
2.) Die Geschichte muss exakt dem Thema entsprechen. Auch wenn Ihnen das vielleicht nicht schmeckt, müssen Sie sich auf das vorgegebene Thema fokussieren. Sonst wäre das eine glatte Themaverfehlung.
3.) Die Geschichte muss deutlich in Einleitung, Hauptteil und Schluss gegliedert sein. Dabei dürfen es nicht drei verschiedene Texte werden, sondern müssen in Inhalt und Formulierung verknüpft werden. Zwischenüberschriften sind heute nicht mehr üblich.
4.) Die Handlung darf nicht nur einen Ausschnitt zeigen. Der Aufsatz muss als Gesamtwerk einen Sinn ergeben.
5.) Die Einleitung muss direkt auf das Thema hinweisen und darf nicht zu lang sein. Vier, fünf Sätze sind absolutes Höchstmaß für eine Einleitung. Hier ist Fantasie gefragt, denn die Einleitung muss neugierig machen, darf aber nicht zu viel verraten.
6.) Im Schluss muss ein überzeugender Bezug zur gesamten Geschichte zu erkennen sein. Dabei darf der Schluss nicht etwa nur eine langweilige Zusammenfassung sein, sondern sollte möglichst pfiffig und einfallsreich sein. Wenn der Schluss ein Schmunzeln auf das Gesicht des Lesers zaubert, sie er gut gelungen.
7.) Im Hauptteil muss man vor allem auf einen sinnvollen Zusammenhang achten. Außerdem sollte man dem Handlungs- und Spannungsaufbau viel Aufmerksamkeit widmen, wenn es sich um eine klassische Erzählgeschichte handelt. Bei einer Erörterung hingegen geht es vielmehr darum, alle genannten Argumente deutlich herauszuarbeiten.
8.) Wenn eine Perspektive vorgegeben wird, muss sie auch eingehalten werden – und zwar durchgängig. Das gilt im Übrigen nicht nur für die Perspektive. Achten Sie akribisch genau auf die Details in der Aufgabenstellung. Nur so können Sie mit Ihrem Aufsatz auch punkten.